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  • Leipzig bekennt sich zum Frieden

    Mit ihrer Kunst setzt Yoko Ono ein klares Statement für den Frieden, auch in ihrer Leipziger Ausstellung „PEACE is POWER“ im MdbK. Ganz nach dem Motto: „Free you – Free me – Free us – Free them”

    Drei Monate wird sie laufen, die Ausstellung der Künstlerin Yoko Ono „PEACE is POWER“, die am 3. April im Museum der bildenden Künste (MdbK) Leipzig eröffnet wurde. Die 86-Jährige ist vielen Menschen nur als Witwe von John Lennon ein Begriff. Doch in der Kunstszene kennt man sie als Pionierin der Performance-Kunst und als Vorreiterin der Fluxus-Bewegung, eine Form der Kunst, bei der es nicht auf das Kunstwerk, sondern die schöpferische Idee ankommt. Nun wird in Leipzig ihre bisher größte Werkschau Deutschlands ausgestellt, die gut 60 Werke aus allen Phasen ihres Schaffens umfasst.

    Leere Gläser in der Ausstellung "PEACE is POWER" von Yoko Ono im Museum der bildenden Künste Leipzig

    Die Ausstellung trägt wortwörtlich die Handschrift Yoko Onos.

    Betritt man das MdbK, wird man von einer blauen Leiter begrüßt, die gen Himmel ragt. „To See The Sky“ heißt dieses Kunstwerk, das im Frühling 2017 entstand. Die Werke der japanisch-amerikanischen Künstlerin nehmen große Teile des Museums ein, so zum Beispiel den Eingangsbereich und die drei tageslichtgefluteten Terrassen. Ono selbst hat die Messestadt bisher nicht besucht und war auch bei der Eröffnung nicht vor Ort. „Es ist eine große Chance eine Ausstellung zu sehen, die ihre Handschrift trägt“, erklärt Museumsdirektor Alfred Weidinger im Interview mit student! im März. Das besondere an der Ausstellung sei weniger der Superlativ der Größe, sondern, dass die Künstlerin hier ganz aktiv mitgearbeitet habe und die Werkschau deshalb etwas sehr Persönliches in sich trage. Das merkt man deutlich beim Gang durchs Museum. Denn die Ausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit Direktor Weidinger und Onos langjährigem Freund und Kurator, Jon Hendricks. Bei einer Vielzahl der Stücke werden die Besucher*innen aufgefordert, die Kunst mitzugestalten. „Durch diese Interaktion wird man Teil des Werkes. Das ist ein spannendes Erlebnis, was Glücksmomente hervorrufen kann“, beschreibt Weidinger den partizipierenden Charakter der Stücke.

    Partizipieren kann man bei vielen Werken, zum Beispiel, indem man einen Nagel in ein Kreuz schlägt („Painting to Hammer a Nail“) oder die Scherben von Keramiktassen wieder zusammensetzt („Mend Piece“), Onos Antwort auf die Traumata der Welt und eine Metapher für die individuelle Teilhabe am kollektiven Gedächtnis. Es geht aber auch einfacher, bei „Imagine Piece Map“ stempelt man einfach die Worte „Imagine Peace“ auf Weltkarten, um Frieden auf der Welt zu verteilen.

    Der ein oder andere „Imagine Peace“-Stempel ist laut MdbK-Direktor Weidinger schon verschwunden.

    Für jedes Ausstellungsstück gibt es eine klare Einleitung von ein bis drei Sätzen. Das ist typisch Fluxus, charakterisiert Weidinger diese Art von Kunst, denn: „Das Werk per se funktioniert nicht, es muss sich drauf eingelassen und partizipiert werden.“ So erklärt die Fluxus-Künstlerin mit „Instructions for Paitings“, was ein gutes Gemälde ausmacht, anstatt es tatsächlich zu malen. Im Erdgeschoss befindet sich neben der Himmelsleiter auch das Flüchtlingsboot „Add Colour Painting“. Noch vor der Ausstellungseröffnung war es nur leeres Holz, umgeben von weißen Wänden. Mittlerweile haben die Besucher*innen zu Pinsel und Farbeimer gegriffen und das Boot und den Raum somit zu Kunst gemacht. Kaum eine Fläche ist nun frei von Malereien oder Sprüchen wie dem Songtext von „Imagine“ von John Lennon. Es ist ein wenig schade, dass Onos Kunst fast 50 Jahre nach dem Tod Lennons kaum abseits ihres früheren Ehefrau-Seins eines Beatles gesehen wird. Wie gut die Ausstellung angenommen wird und dass sich der Fortschritt der Partizipation schon in der ersten Ausstellungswoche zeigt, ist dennoch beeindruckend. Dazu erzählt Weidinger bei einer Führung eine Anekdote: Mit Blick auf die vielen kommenden Besucher*innen und großen Events wie die Museumsnacht Mitte Mai fragte Weidinger Yoko Ono, ob das Museum die Wände nicht wieder weiß streichen solle. Doch das sei gar nicht im Interesse der Künstlerin. Das Werk entwickelt sich nun mal weiter und entsteht nur in Etappen.

    Wem das Teilnehmen und das Zum-Werk-Werden auf Dauer zu anstrengend werden, der*die kann sich aber auch einfach die traditionellen Ausstellungsstücke ansehen. „We Are All Water“ umfasst 118 Flaschen, alle gleich voll befüllt mit Wasser und mit einem Namensschild beschriftet. Von Yoko Ono selbst bis hin zu Politiker*innen, Künstler*innen und Philisoph*innen zeigt uns dieses Werk, dass wir eben alle am Ende nur aus Wasser und somit gleich sind. Bei „Morning Beams“ führen 100 weiße Seile wie Sonnenstrahlen zum Boden. Das Tageslicht, das durch die große Glasfassade in diesen Ausstellungsraum fällt, wirkt wundervoll beruhigend. Genauso wie „Ex It“. Der Raum, in dem sich dieses Werk befindet, ist mit 100 Särgen gefüllt, aus denen kleine Bäume wachsen. Zu hören ist Vogelgezwitscher, welches einen vergessen lässt, dass man sich in einem Museum befindet.

    Limettenbäumchen

    „Ex It“ soll eine Metapher für Leben und Auferstehung sein, die bei beeindruckend starkem Blumengeruch wirkt.

    Geräusche und Filme spielen einen wichtigen Teil in der Ausstellung. So kann man sich alte Performances von Ono ansehen. Auch die Performance „Cut Pieces“, die von der chinesischen Künstlerin Echo Morgan bei der Eröffnung aufgeführt wurde. Die Vorstellung bei der Eröffnung wurde aktiv vom Publikum mitbestimmt, welches der Performenden die Kleider mit Scheren vom Leib schneiden sollte. Darauf reagiere jedes Publikum sehr unterschiedlich, erklärt Weidinger. In Leipzig umfasste das Spektrum der Geräusche, die während der Performance den Raum erfüllten, alles von vollkommener Ruhe bis hin zu lauten Protesten. Genau diese Emotionalität soll die Ausstellung hervorrufen und tut es auch, wenn man sich darauf einlässt. Ob man nun selbst teilnimmt oder nur die Anweisungen liest ohne aktiv zu werden, jede*r wird Teil des Werkes und macht sich Gedanken über das, was man sieht. „PEACE is POWER“ ist keine Ausstellung, bei der man sich nur berieseln lassen kann und bei schönen bunten Farben das Gehirn abstellt.

    Beim Verlassen des Museums sollte sich jede*r unbedingt ein Stück Leipziger Himmel mitnehmen. In Wehrmachtshelmen aus dem Zweiten Weltkrieg befinden sich Puzzleteile („Helmets – Piece of Sky“). Die Besucher*innen können sich ein Teil mitnehmen, in der Hoffnung, dass sie eines Tages wieder zusammenkommen und das Puzzle und somit den Himmel vervollständigen.

    Auf den Puzzleteilen ist der Leipziger Himmel zu sehen, dieser wird auch mit einer Kamera auf dem Museumsdach in der Installation „Sky TV“ live in die Ausstellungsräume übertragen.

    „PEACE is POWER“ ist noch bis zum 7. Juli 2019 im Leipziger Museum der bildenden Künste zu sehen. Danach ziehen Teile der Ausstellung weiter in die Schweiz. Diese Werkschau wird es so aber nur in Leipzig zu sehen geben.

     

    Fotos: Annika Seiferlein

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