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  • „Die Häuser denen, die drin wohnen“

    Am Samstag demonstrierten etwa 2.000 Menschen im Rahmen des bundesweiten Aktionstages #Mietenwahnsinn gegen Wohnungsnot und zu hohe Mieten in Leipzig. Auch Fridays For Future kam zu Wort.

    Bei strahlend blauem Himmel und 20 Grad war der Bayrische Platz am Samstag gut gefüllt. Hier startete die Demonstration von Leipzig für alle: Aktionsbündnis Wohnen des bundesweiten Aktionstages #Mietenwahnsinn.

    Die Stimmung ist ausgelassen, Musik erklingt und Flyer werden verteilt. Die Altersspanne ist groß; neben hauptsächlich Studierenden springen Kleinkinder durch die Gegend und auch Rentner*innen stehen in kleinen Grüppchen zusammen. Am Anfang wirkt alles ein bisschen unorganisiert. Mehrmals wird dringend um Verstärkung des Ordner*innen-Teams gebeten. Mit einer halbstündigen Verspätung geht es endlich mit den ersten Redebeiträgen los.

    Im Rahmen der mehrtägigen Aktionstage gegen Mietenwahnsinn, die europaweit vom 27. März bis 6. April stattfanden, wurde allein in Deutschland in über 20 Städten demonstriert. Das Ziel war es vor allem gemeinsam gegen Wohnungsnot und zu hohe Mieten vorzugehen – so auch in Leipzig.

    Zunächst sprechen die Initiator*innen der Leipziger Demonstration „Leipzig für alle“. Neben der Forderung nach mehr Sozialwohnungen und dem Erhalt von Freiflächen sowie Kulturräumen wollen sie die Politik zum Handeln zwingen. „Wir verlangen Wohnungspolitik, die Wohnen für alle ermöglicht“, hallt es über den Platz und wird mit tosendem Applaus von den Demonstrant*innen aufgenommen.

    Der Demonstrationszug setzt sich Richtung Wilhelm-Leuschner-Platz in Bewegung.

    Diese Themen ziehen sich auch durch die folgenden Redebeiträge. Das Programm ist umfangreich. Unter anderen kommen Mitglieder von PRISMA, Vernetzung Süd und Arbeiterwohlfahrt zu Wort. Immer wieder wird die Monopolstellung des Wohnungsunternehmens Vonovia in Deutschland kritisiert. Auch die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) wird für ihre unzureichende Instandhaltung von Wohnraum und den absichtlich herbeigeführten Leerstand zur Steigerung der Nachfrage angegriffen. Einen anderen Blickwinkel bringen Aktivist*innen von Fridays for Future ins Gespräch. Sie fordern mehr Grünflächen in den Städten, denn „Stadtnatur wird zu Luxus“.

    Der Zug setzt sich schließlich Richtung Wilhelm-Leuschner-Platz in Bewegung. Dort angekommen wird verkündet, dass in Berlin zwischen 20 und 25.000 Menschen auf der Straße seien. Dagegen wirkt die Leipziger Demonstration mit über 2.000 Teilnehmer*innen geradezu niedlich.

    Besonders emotional wird es bei der Rede einer Mieterin aus der Thierbacher Straße. Sie liest aus dem Bautagebuch einer Anwohnerin vor, in dem Sie die Auseinandersetzung beispielsweise mit den Bauherren beschreibt. Obwohl die Mieter*innen gegen die Renovierungsarbeiten Widerspruch eingelegt haben, verlangen die Bauarbeiter*innen das Räumen von Zimmern, um ihre Arbeit aufnehmen zu können. Die verschiedenen Mietparteien haben sich in ihrem Kampf gegen die Vermieter*innen zusammengeschlossen und Widerstand geleistet. Bei der abschließenden Danksagung kommen der Rednerin die Tränen und sie muss eine kurze Sprechpause einlegen. Ihre Rührung zeigt, dass der Zusammenschluss von und die Solidarisierung der Menschen untereinander ein wichtiges Mittel im Kampf gegen Mietenwahnsinn darstellt.

    Grünen-Politiker Jürgen Kasek spricht zum Mietenwahnsinn.

    Auch für Jakob, 23-jähriger Student, ist die Demo eine Herzensangelegenheit. „Ich komme ursprünglich aus München und weiß daher, wie es ist, sich als Student keine Wohnung leisten zu können. Die Mieten in Leipzig sind zwar noch weit von den Münchner Preisen entfernt, aber es ist wichtig, heute schon auf die Straße zu gehen und ein Zeichen zu setzen.“

    Auf dem Weg zum Markt werden Parolen wie „Die Häuser denen, die drin wohnen“ und „Keine Profite mit unserer Miete“ skandiert. Obwohl auch schon zuvor ein Blechbläser-Ensemble laut Musik spielt, ist die Demonstration zu keinem Moment so laut wie in der Petersstraße. Es klingt als wären mindestens doppelt so viele Menschen auf der Straße, als gezählt wurden. Die Demonstration entspricht kurz vor ihrem Ende doch noch der anfänglichen Forderung: „Lasst uns zusammen laut sein gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung!“

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