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  • Das wird man wohl noch sagen dürfen

    Neues von der multikulturellsten Familie Frankreichs: In „Monsieur Claude 2 – Immer für eine Überraschung gut“ muss Claude seinen Schwiegersöhnen Frankreich wieder schmackhaft machen.

    Der eine oder die andere wird sie kennen, die „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“-Gespräche am familiären Esstisch. Das ironische Sich-Lustig-Machen über politisch unkorrekte Fettnäpfchen war der Schlüssel des Erfolgs des ersten Monsieur-Claude-Teils. Nun geht die Culture-Clash-Komödie mit dem gleichen Cast und Regisseur in die zweite Runde.

    „Drei Kanacken und ein Schwarzer, für deine Eltern ist das Fukushima“, so fasst der jüdische David (Ary Abittan) die Situation seiner Schwiegereltern Claude und Marie Verneuil (Christian Clavier und Chantal Lauby) im ersten Teil von „Monsieur Claude und seine Töchter“ (2014) zusammen. All ihre vier Töchter haben Männer mit Migrationshintergrund geheiratet und die verbesserungswürdige Toleranz des Patrioten Claude damit mächtig auf die Probe gestellt. Mittlerweile haben er und seine Frau den Schock aber verkraftet und verwandeln sich in echte Kosmopoliten – sie besuchen sogar die Heimatländer ihrer Schwiegersöhne. Diese fühlen sich in der sich spaltenden Gesellschaft Frankreichs zunehmend diskriminiert und kommen zu dem Schluss, gemeinsam mit ihren Ehefrauen auszuwandern: Chao (Frédéric Chau) und Ségolène (Émilie Caen) nach China, David und Odile (Julia Piaton) nach Israel, Rachid (Medi Sadoun) und Isabelle (Frédérique Bel) nach Algerien – und Charles (Noom Diawara) und Laure (Élodie Fontan) nach Indien, wo er Karriere in Bollywood machen will. Als Claude nach seiner Rückkehr in die französische Provinz davon erfährt, will er alle Hebel in Bewegung setzen, um seinen Schwiegersöhnen Frankreich wieder schmackhaft zu machen.

    Monsieur Claudes Schwiegersöhne haben erstmal genug von Frankreich.

    Die Nase voll von Frankreich: Die Schwiegersöhne freuen sich auf ihre Zukunft im Ausland.

    Als großer Fan des französischen Filmhumors finde ich die Szene, in der die Schwiegersöhne im Wohnzimmer stehen und mit der Hand auf der Brust die Marseillaise singen, um bei Schwiegervater Claude zu punkten, auch nach fünf Jahren noch witzig. Umso größer war auch meine Vorfreude, als ich von einer Fortsetzung gehört habe. Leider schafft es Regisseur Philippe de Chauveron nicht, an diesen Humor anzuknüpfen. Wie schon im ersten Teil nimmt der Film alles und jeden aufs Korn und lässt dabei kein Klischee aus. Das Aufeinandertreffen der verschiedenen Kulturen, das im ersten Teil noch frisch und provozierend war, löst in Teil zwei höchstens ein Schmunzeln aus. Irgendwie ist die Luft raus, man hat alles schon mal gehört. Lediglich die gegenseitigen Sticheleien unter den Schwiegersöhnen machen den Film nach wie vor um einiges unterhaltender. Ein paar kleinere Treffer in einem Dauerbeschuss an Witzen und Überspitzungen kann der Film aber landen. So macht es etwa Spaß, Claudes diabolische Freude anzusehen, als sein Pendant André Koffi (Pascal Nzonzi) diesmal die Rolle des toleranten Schwiegervaters übernehmen muss: Seine Tochter will nämlich eine Frau heiraten. Oder als Claude den Wärmegürtel, den sich der afghanische Flüchtling Arash umlegt, prompt für einen Sprengstoffgürtel hält und ihn daraufhin niederschlägt. Doch vom Hocker wird man als Zuschauer*in nicht gehauen. Die Handlung plätschert seicht vor sich hin. Der witzigste Teil, in dem Claude und Marie ihre Schwiegersöhne mit einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan und fragwürdigen Mitteln (inklusive Bestechung) von Frankreich überzeugen wollen, kommt viel zu kurz.

    Wiedersehen mit den Koffis: Auf die beiden wartet noch eine Überraschung.

    Das Ende ist gemäß seinem Genre nicht überraschend: Alle sind glücklich, vergessen ihre Vorurteile und tanzen zu afrikanischer Musik. Die Messages „Irgendwie sind wir ja alle Rassisten“ und „Niemand ist frei von Vorurteilen“ soll Zuschauer*innen den Spiegel vors Gesicht halten. Dass es dabei zu einer Verharmlosung von Rassismus kommt, würde ich zwar nicht behaupten, aber der Film ist von realen Problemen definitiv weit entfernt. Vielleicht zeigt das Happy End auch einfach, wie es heutzutage  sein sollte: dass Unterschiede nicht abgrenzen, sondern zelebriert werden sollten.

     

    Fotos: Neue Visionen Filmverleih

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