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  • „Die Trüffelschweine des Literaturbetriebs“

    Ohne unabhängige Verlage wäre die Literaturlandschaft ärmer. Die Leipziger Buchmesse bietet für sie eine Plattform, sich und ihr Programm zu zeigen.

    Die Leipziger Buchmesse ist nicht nur wegen der Neuheiten großer Verlage wie Suhrkamp, Klett-Cotta und Ullstein interessant, sondern auch, weil viele unabhängige Verlage sich hier öffentlich präsentieren können. Unabhängige Verlage gehören keinem großen Konzern wie Bertelsmann an, der Verlage wie Goldmann, btb und den Heyne Verlag unter einem Dach vereint.  „Als Verleger eines unabhängigen Verlages kann ich meine eigene Persönlichkeit viel stärker einbringen“, erklärt Rainer Höltschl, der mit einer Tasse Cappuccino vor einem Stapel der neuesten Veröffentlichungen seines Leipziger Open House Verlages in einem Café nahe des Verlagshauses sitzt. „Wir können Inhalt und Gestaltung zusammenbringen, weil bei uns im Gegensatz zu den großen Verlagen diejenigen, die über das Programm entscheiden, die Bücher auch selbst lesen.“

    Dass dem Open House Verlag die Gestaltung seiner Bücher wichtig ist, wird besonders in der Klassiker-Reihe BACKUP deutlich, deren Umschläge außerordentlich schön gestaltet sind. Die Überschriften sind von filigranen Mustern umgeben, Farbgebung und Typografie offensichtlich sorgfältig ausgewählt. „Wir sind mutiger, können tatsächlich das machen, was wir wirklich gut finden“, sagt auch Sebastian Wolter, Gründer des Verlages Voland & Quist, der in Leipzig und Dresden seinen Sitz hat. Den Büchern seines Verlages liegen oft CDs mit Lesungen bei, um Visuelles und Hörbares zu verbinden. Ein weiterer Vorteil unabhängiger Verlage sei, dass sie für Autor*innen greifbarer sind, weil sie mit den Verleger*innen direkt kommunizieren können, ergänzt er. „Für Autoren ist es auch ein Argument, mehr Mitspracherecht beim Buch zu haben. Da wird nicht ein Konzept eines Romans komplett umgedreht, weil es auf einmal in die Jugendliteratursparte gehört und nicht in die Erwachsenenliteratur.“

    Laut Wolter sind die unabhängigen Verlage für die Vielfalt der Literaturlandschaft immens wichtig, vor allem diese und ihre eigenwilligen Programme sorgten für die Vielfalt im Buchmarkt. Höltschl fügt hinzu, dass unabhängige Verlage die Akzente auf dem Buchmarkt setzen, oft besonders daran interessiert seien, junge Autor*innen zu finden und zu fördern. „Unabhängige Verlage sind die ‚Trüffelschweine des Literaturbetriebs‘, wie es mal ein Kollege ausdrückte“, erzählt er schmunzelnd.

    Dennoch ist das Pflaster für kleinere Verlage hart. „Das Problem ist, das Geld für Werbung und Messen zu finden“, beklagt Höltschl. „Im Gegensatz zu den großen Verlagen haben wir auch keine Versicherungen.“ Das treffe die Unabhängigen besonders, wenn – wie erst im Februar geschehen – Dienstleister wie der Buchgroßhändler Koch, Neff und Volckmar zahlungsunfähig werden und so der Großteil der Einnahmen aus dem überaus wichtigen Weihnachtsgeschäft wegfällt. Für große und kleine Verlage gleichermaßen problematisch sei die Digitalisierung, womit aber nicht nur der — inzwischen ohnehin stagnierende — Trend zum E-Book gemeint ist: „Wenn der durchschnittliche Deutsche jeden Tag einige Stunden seiner Freizeit am Smartphone verbringt, bleibt halt weniger Zeit zum Lesen“, bemerkt Höltschl. Wolter fügt hinzu, dass speziell für die unabhängigen Verlage außerdem das Abwerben vielversprechender Autor*innen durch Konzernverlage eine Herausforderung darstelle.

    Um sich auf dem Buchmarkt behaupten zu können, ist die Leipziger Buchmesse für unabhängige Verlage von großer Bedeutung. „In Leipzig gibt es viel mehr Kontakt zum Publikum als auf der Frankfurter Buchmesse“, hebt Höltschl hervor. „Die Stadt ist hier viel stärker mit der Messe verbunden, sie identifiziert sich mit ihr.“ Was ihn auf der Buchmesse am meisten interessiert? „Die Podiumsdiskussion am Donnerstag über die nachrückende Generation in den Verlagen klingt sehr interessant, ‚Patriarchendämmerung‘, und natürlich die Vorstellung unseres Programms im UT Connewitz am Mittwoch.“ Wolter empfiehlt die Lange Nacht der tschechischen Literatur in der Schaubühne Lindenfels am Freitag und den Verlagsabend von Voland & Quist im Horns Erben am Donnerstag. Diejenigen, die an den anderen Veranstaltungen der unabhängigen Verlage auf der Buchmesse interessiert sind, könnten bei der Lesung der unabhängigen Verlage am Freitag im Westflügel und die ganze Buchmesse über beim Forum „Die Unabhängigen“ der Kurt-Wolff-Stiftung auf dem Messegelände fündig werden.

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