• Menü
  • Kultur
  • Zwischen privatem Glück und politischem Zwang

    Die Ebenen der Politik und des Privaten sind in „Don Carlo“ so eng verschränkt wie in keiner seiner anderen Opern.

    Verdis Don Carlo war die erste Premiere der Saison in der Oper Leipzig. Mehr als zwei Jahrzehnte feilte er an dieser Oper, es existieren sieben verschiedene Fassungen. In Leipzig wurde jüngst die vieraktige, italienische Fassung ausgewählt: 3,5 Stunden konzentriertes Drama um Glaube, Liebe und Hoffnung.

    Die Handlung erinnert ein wenig an Irrungen und Wirrungen einer vorabendlichen Seifenoper: Don Carlos liebt Prinzessin Elisabeth. Sie ist ihm bereits versprochen. Aus machtpolitischen Erwägungen muss sie dann allerdings seinen Vater Filippo heiraten. Aus Carlos Braut wird somit unversehens seine Stiefmutter. Filippo – seines Zeichens König von Spanien – unterhält eine Geliebte, die hingegen schwärmerische Gefühle für Don Carlos hegt. Und zu all dem gesellt sich eine tragische politische Komponente, die Auseinandersetzung über die Befreiung des unterdrückten Flanderns. Die Handlung steht nicht still, ein Ereignis jagt das nächste. Gebannt harrt man der Dinge die da kommen – ist diese Ereignisdichte und das Erzähltempo doch für die Gattung Oper fast ungewohnt.

    03_DonCarlo_30.09.17_GastonRivero_Mathias Hausmann_Kathrin G

    Rodrigo bedroht die intrigante Prinzessin Eboli

    Jakob Peters-Messer inszeniert Verdis Don Carlo als ein Drama in schwarz-weiß. Düster, bedrohlich und ausweglos steht der schwarze Palast des Königs auf der Drehbühne. Es ist ein Spiel im Zwielicht, ein Spiel zwischen Licht und Schatten. Einzig das weiße Gewand Carlos‘ sticht heraus aus dieser erdrückenden, schwarzen Schwere. Erzählt wird eine Geschichte, in der die Unvereinbarkeit privater Interessen und politischer Erwägungen zu Tod und Zerstörung führt. Es werden Menschen gezeigt, die fast ausnahmslos einsam, verzweifelt, neurotisch sind; Regimekritiker und Aufständler werden gnadenlos hingerichtet. Die Inszenierung ist nichtsdestotrotz eher unspektakulär und unaufgeregt. Hier wünscht man sich als Zuschauer etwas mehr Mut, gerade da die Thematik der Freiheit des Denkens und des Glaubens doch so aktuell ist wie seit langem nicht.

    06_DonCarlo_30.09.17_Gal James_Oper Leipzig_©KirstenNijhof

    Gal James als Prinzessin Elisabeth

    Der argentinische Sänger Gaston Rivero überzeugt in Don Carlo mit seinem samtigen Tenor in der Titelpartie auf ganzer Linie. Mathias Hausmann wirkt im Spiel als Rodrigo etwas steif, gesanglich allerdings sticht der Bariton hervor. Vor allem in der zweiten Hälfte überzeugt auch Kathrin Göring in der Rolle der Prinzessin Eboli. Im Vergleich dazu fällt Gal James als Prinzessin Elisabeth unglücklicherweise stark ab, leise und zurückhaltend ist sie stellenweise kaum wahrnehmbar. Stimmgewaltig begeistert dann aber Rúni Brattaberg in der Rolle des Königs Filippo.

    Das Gewandhausorchester selbst überzeugt einmal mehr unter der Leitung von Anthony Bramall. Filigran und einfühlsam begleiten sie das vielschichtige Geschehen.

    Das Premierenpublikum reagiert verhalten. Vereinzelte Bravo-Rufe sind auszumachen in einem ansonsten eher zurückhaltenden Applaus. Ovationen für das Regieteam gab es dementsprechend keine.

    Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.