• Menü
  • Kultur
  • „Stil interessiert mich nicht“

    Leipziger Student hat Chance auf Literaturpreis.

    Julian Amankwaa ist 25 Jahre alt und studiert „Literarisches Schreiben“ am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Mit seinem Prosa-Text „Viertel-Neger“ steht er auf der Shortlist des „Pen International New Voices Award“ für Nachwuchsautoren. student!-Redakteurin Charlott Resske hat mit ihm über das Schreiben gesprochen.

    student!: Was hat dich motiviert mit dem Schreiben anzufangen?
    Julian: In meiner Schule gab es diese Rilke-Hesse-Hölderlin-Frak­­tion. Sie trugen schwarze Kleidung und haben sich gegenseitig selbstgeschriebene Gedichte vor­gelesen. Mit denen wollte ich nie etwas zu tun haben, die fand ich langweilig und ihre Gedichte waren peinlich. Und das gilt bis heute: Mit Menschen, die schrei­ben, habe ich privat eher weniger zu tun. Irgendwann kam bei mir die Erkenntnis, dass in der Ge­gen­warts­literatur sehr viel Mit­telschichts-Scheiße produziert wird. Und ich wurde aktiv. Aber klar, ich bin auch so ein klassisches Mittelschichtskid mit Paul Klee als Facebook-Titelbild und Polaroid Fotos in der WG-Küche.
    student!: Wie beschreibst du deinen Schreibstil?
    Julian: Im Prinzip habe ich gar keinen Stil. Stil interessiert mich nicht. Stil ist was für Menschen die in ihrer Jugend zu viel gelesen haben.

    student!: Was wünscht du dir für die Zukunft? Weiter zu schreiben?
    Julian: Das ist eine gefährliche Frage. Es wäre eine Lüge, „Literarisches Schreiben“ zu studieren und zu behaupten nicht Autor werden zu wollen. Aber es soll mir Spaß machen und ich will Geld damit verdienen. Und wenn ich keinen Bock mehr habe, dann wechsle ich die Branche und arbeite als Werbetexter, Ghostwriter oder als politischer Redenschreiber.

    student!: Nennst du dich Literat?
    Julian: Niemals. Literatur ist absolut nichts Heiliges, das kann eigentlich jeder. Jeder, der es ernsthaft betreibt, hat einfach nur ein größeres Problem mit seinem Ego. Mehr steckt nicht dahinter… Keine große Wahrheit und keine Erleuchtung. Wenn mich Menschen kennenlernen, können viele sich gar nicht vorstellen, dass ich schreibe. Da frage ich mich natürlich, was muss ich tun, damit ich in euer Klischee-Denken eines Schriftstellers passe? Soll ich jetzt anfangen peinliche Schwarz-Weiß-Fotos mit einer Zigarette in der Hand bei Facebook zu posten?

    student!: Wie ist dein „Viertel-Neger“ Text entstanden?
    Julian: Ich war ein Wochenende lang bei alten Freunden zu Besuch. Und wenn ich mit denen abhänge, will jeder von uns die krasseste Story erzählen. Danach bin ich vollgefüllt mit krassen Geschichten und die müssen wieder raus. Also habe ich den Text an einem Tag runtergeschrieben und dann hatte ich wieder Ruhe.

    student!: Muss man als Autor Preise gewinnen, wenn man Aufmerksamkeit möchte?
    Julian: Mir hat mal ein Freund gesagt: „Literaturpreise sind wie Make-up für die Autoren. Ohne die wirft kein Verlag ein Auge auf dich.“ Der Satz ist auf vielen Ebenen schwierig, aber leider nicht ganz dumm.

    „Viertel-Neger“ zum Nachlesen: hier

     

    Foto: Lothar Werners

    Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.